Bei 16mm-Komplettfassungen, vornehmlich aus den 90er Jahren und dort hauptsächlich bei Blockbustern, findet man oft in der Bildmitte einen halbtransparenten rosa/violetten Bereich/“Punkt“, der vor allem bei Bewegungen und an Konturen auffällig wird. Die jahrelange Meinung, dass es sich dabei um einen Kopierfehler handelt, ist weit verbreitet.

Bis zum Februar 2023 schloss ich mich dieser ebenfalls an. Doch dann gab es ein Telefonat zwischen mir und einem Sammlerfreund, der nicht genannt werden möchte. Die Quelle ist jedoch, aufgrund ihrer früheren Tätigkeit und Erfahrung, mehr als glaubwürdig!

Vielleicht löse ich mit diesem Beitrag eventuell einen Shitstorm oder (unnötige, auf Halb- oder nicht vorhandenem Hintergrundwissen basierende) Diskussionen aus. Eventuell brechen auch Welten zusammen und manch einer denkt sich: „Warum hab ich nur…?“

Aber je mehr ich mich mit diesem Thema befasste, umso sicherer wurde ich mir, zumal es bereits 2015 in einem Thread des Filmvorführer-Forums kurz angeschnitten wurde. Scheinbar ist es auch in der Verleiherszene (AV-Film sowie diverse Bildstellen) bekannt gewesen.

Es ist nämlich KEIN Kopierfehler, sondern hat einen ganz anderen Grund, den bis dato keiner (mehr) so richtig in Erwägung gezogen hat!

Was gegen einen Kopierfehler spricht:

Meistens sind nicht alle Kopien eines Films mit diesem Fehler behaftet, wodurch ein Materialfehler ausgeschlossen werden kann. Hinzu kommt, dass sowohl Acetat-, als auch Polyesterkopien betroffen sind. Außerdem hätte der Verleiher dies bestimmt beim Hersteller reklamiert, wenn der angebliche Kopierfehler schon von Anfang an bestanden hätte. Dem ersten oder zweiten Entleiher wäre so etwas ebenfalls aufgefallen.

Des Weiteren kann es nicht auf einen bestimmten Hersteller bzw. Verleiher oder ein bestimmtes Labor eingegrenzt werden, sondern zieht sich querbeet vornehmlich durch die Filme der 1990er (z.B. Speed, Mrs. Doubtfire, Pretty Woman, My girl, Train Spotting usw.).

Es wurden auch schon Theorien geäußert, dass dieser Fehler durch Lichteinfall beim Kopiervorgang verursacht wurde. Halte ich auch für nicht tragbar, da er dann ja entweder von der einen oder der anderen Seite erfolgt wäre und somit nicht nur mittig, sondern auch seitlich sichtbar sein müsste.

Die Kopierfehler, die ich kenne, beziehen sich entweder auf den Bereich der Belichtung, Schärfe, Farbgebung oder erzeugen weiße „Spratzer“ (wie z.B. bei meinem „Cap und Capper„). Also alles Dinge, die hier nicht vorliegen.

Was ist es dann?

Dieses Phänomen entsteht durch die Projektion mit einer zu starken Lichtquelle (> 1 KW) mit zu geringer Kühlung der Filmbahn.

Natürlich sind damit nicht „normale“ 16mm-Projektoren gemeint, wie beispielsweise der lichtstarke Bauer P8 T400, sondern vielmehr 35mm-Maschinen, die auch 16mm können/konnten bzw. auch oft 16mm-Standmaschinen (siehe unten).

Gerade in den 1990ern kam es vor, dass manche Kinos den ein oder anderen Film mit ihren Projektoren nicht auf 35mm, sondern auf 16mm gezeigt haben. Die Gründe waren vielfältig. Sei es, dass die 35mm-Kopie zum Wunschtermin nicht verfügbar, die 16er vielleicht günstiger war oder was auch immer. Eventuell war auch das ein oder andere Clubkino mit einem stationären 16er ausgestattet, was ich aber nicht weiß.

Hinzu kamen Open Air-Veranstaltungen, in denen, aus Helligkeitsgründen, ebenfalls lichtstarke 35er-Maschinen verwendet wurden.

Was ich so gelesen habe, können einige Projektoren mit Lampen bis zu 7.000 Watt bestückt werden, wenngleich der Standard eher zwischen 2.000 und 4.000 W lag. Nichtsdestotrotz haben alle natürlich auch eine entsprechende Hitzeentwickelung.

Allerdings dachte damals keiner, dass dies den Film beschädigen könnte. Warum auch? War ja weitestgehend das gleiche Material, wie die 35mm-Kopie. Film ist Film. Deshalb sahen die Wenigsten die Notwendigkeit, eine kleinere Lampe bei 16mm-Vorführungen einzubauen bzw. zu benutzen, sondern ließ die „große“ zugunsten des helleren Bildes drin. Es sei denn, sie hatten 2 Lampenhäuser, wie bei der Kinoton FP38 D. Das 16er Lampenhaus war dann zwar meist mit einer kleineren Lampe bestückt, als in der 35er-Sektion, aber dennoch konnten es auch da mal 2 KW sein.

Was spricht dafür?

Aufgrund des kleineren Bildfensters im 16mm-Betrieb trifft dementsprechend nicht nur mehr Hitze, sondern auch mehr (gebündeltes) Licht auf den Film. Bei mehr als 1.000 Watt ist der Lichtbogen bereits größet, als das Filmbild und nicht jede Maschine hatte eine dafür ausreichend gekühlte Filmbahn.

Durch die genannte Kombination wird vornehmlich das Material der Bildmitte besonders beansprucht. Dies führt zu einer Veränderung des Materials bzw. der Farben an dieser Stelle. Ich würde es mal mit einer Art Verbrennung vergleichen.

Nach einer Handvoll Durchläufen durch diese Lichtriesen trat dann nach und nach eben das genannte Phänomen auf.

Dies erklärt auch, warum es – je nach Kopie – mal mehr und mal weniger zu sehen ist, denn je mehr Durchläufe sie durch solche Projektoren „durchleiden“ musste, umso stärker/größer wurde der rote, rosa oder violette Bereich von der Bildmitte aus.

Ebenso begründet es, dass sich dieser Fehler in Filmen sämtlicher Verleihfirmen (Atlas. 20th Century-Fox, UPI usw.) und Labore zu sehen ist.

Da die wenigsten aber Projektoren mit einer Lichtleistung > 1 KW bei sich zuhause betreiben, verstärkt sich der Fehler dort allerdings auch nicht.

Welche Geräte gibt/gab es?

Bei meinen Recherchen zu diesem Thema zeigte sich, dass auch „reine“ 16mm-Projektoren mit Lampen bis 2.000 W hergestellt wurden. Dies waren aber hauptsächlich Standmaschinen. Im 35mm-Bereich gibt es zum einen echte Kombigeräte (es wird alles von beiden Formaten benutzt) und zum anderen Maschinen mit 2 getrennten Laufwerken. Die nachfolgende Liste ist natürlich nicht abschließend, denn so gut kenne ich mich im Kinobereich dann doch nicht aus. 🙂

35mm/16mm-Projektoren:
  • Ernemann 8 B-35/16 (Kombigerät – 1 Laufwerk, 1 Lampenhaus)
  • Ernemann 12 P-35/16 (Kombigerät – 1 Laufwerk, 1 Lampenhaus)
  • Ernemann 15-35/16 (Kombigerät – 1 Laufwerk, 1 Lampenhaus)
  • Kinoton FP28 (2 getrennte Laufwerke: 35mm rechts, 16mm links, 1 Lampenhaus)
  • Kinoton FP 38 D (2 getrennte Laufwerke: 35mm rechte Seite, 16mm linke Seite, 2 Lampenhäuser)
  • Kinoton FP 38 E / ECII (2 getrennte Laufwerke: 35mm rechts, 16mm links, 1 Lampenhaus)
  • Kinoton FP 38 E PREMIERE (Kombigerät – 1 Laufwerk, 1 Lampenhaus)
16mm-Projektoren mit Lampen >1 KW:
  • Bauer Selecton II O (bis 1.600 W)
  • EIKI EX-9100 (2.000 W)
  • EIKI Pro-1600 (1.600 W)
  • Elmo LX-2200 (2.000 W)
  • Kinoton FP 18 (bis 2.000 W)
  • Meopta Meopton II (bis 2.000 W)
  • Zeiss Ikon Favorit 16 B (bis 2.000 W)

Hinweis für Ebay-Verkäufer

Wer den Beitrag aufmerksam gelesen hat, weiß jetzt, dass es kein Kopierfehler ist, sondern vielmehr, so hart es klingt, von unsachgemäßer Behandlung herrührt.

Somit zählt dieser Fehler weder zu den oft genannten „üblichen Gebrauchsspuren„, wie z.B. Laufstreifen, noch zu den „altersbedingten Farbveränderungen„, sondern ist ein klares Manko der Kopie, wie beispielsweise Perfoschäden, weil er eben sehr individuell ist!

Von daher sollte dieser rote/rosa/violette halbtransparente Bereich in der Beschreibung aufgeführt werden und stellt bei Nichtnennung – meiner Ansicht nach – einen berechtigten Reklamationsgrund dar,